Lüneburg,  März 2018

Erbschaft – ausschlagen oder annehmen?

In unklaren Situationen werden häufig Erbschaften aus Furcht vor Nachlassverbindlichkeiten oder sogar einer Überschuldung des Nachlasses ausgeschlagen. Die Furcht ist häufig unbegründet.

 

Bei einem Erbfall tritt die testamentarische Erbfolge und ohne ein Testament
die gesetzliche Erbfolge ein. Der oder die Erben haben 6 Wochen Zeit für die Entscheidung, ob sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen. Die Ausschlagung muss durch Notarurkunde oder durch Erklärung zu Protokoll des Nachlassgerichts erfolgen. Ausschlagungserklärungen durch einfaches Schreiben sind unwirksam.
Die Frist beginnt ab Kenntnis des Anfalls der Erbschaft. Der gesetzliche Erbe,
der ausschlägt, gilt rechtlich als im Erbfall nicht vorhanden, sodass dessen Nachkommen an seine Stelle treten. Der durch eine Ausschlagung nächstberufene Erbe hat also seinerseits 6 Wochen Zeit für die Entscheidung, ob er die Ausschlagung erklärt.


Keine Erklärung ist auch eine Erklärung.
Wird die Ausschlagung nicht erklärt, gilt die Erbschaft nach Ablauf der 6-Wochen-Frist als angenommen. Die 6 Wochen sind oft zu kurz, um herauszufinden, ob der Nachlass vermögend oder überschuldet ist. Auskünfte bei Banken und Versicherungen sind häufig nur gegen Vorlage eines Erbscheins zu bekommen, die Zeit reicht aber nicht für ein Erbscheinsverfahren. Bei einem Irrtum darüber, dass der Nachlass überschuldet ist, ist eine Ausschlagung schwierig rückgängig zu machen. Zwar ist grundsätzlich die Anfechtung der eigenen Ausschlagungserklärung wegen Irrtums möglich, der Anfechtungsgrund muss aber auch vorliegen. Die Nachlassgerichte handhaben dies unterschiedlich streng. Grundsätzlich liegt kein konkreter Irrtum über das Vorhandensein von Vermögen oder Schulden im Nachlass vor, wenn die Erklärung aus Unwissenheit über den Nachlass oder aus reiner Furcht vor Schulden abgegeben worden ist.
Von der Erbausschlagung ist abzuraten.
Nur in den Fällen, in denen der Erbe sich sicher ist, dass kein Vermögen oder sogar Schulden vorhanden sind, ist die Ausschlagung die günstigste und einfachste Lösung. In allen anderen Fällen ist von der voreiligen Ausschlagungserklärung abzuraten. Die Beerdigungskosten sind immer aus dem Nachlass zu bezahlen und im Falle einer Überschuldung auch vorrangige Nachlassverbindlichkeiten.
Häufig lassen die Banken deshalb gegen Vorlage der Belege die Verfügung über das Konto des Erblassers auch ohne Erbnachweis zu, wenn nur die Beerdigungskosten ausgeglichen werden sollen.


Haftungsbeschränkung ist unbefristet möglich.
Stellt sich nach den 6 Wochen und nach den Ermittlungen über das Nachlassvermögen eine Überschuldung heraus, hat der Erbe unbefristet die Möglichkeit, sich von den Nachlassschulden loszusagen. Grundsätzlich werden zwar auch die Nachlassverbindlichkeiten („Schulden“) vererbt, der Erbe kann aber die Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB) gegenüber den Nachlassgläubigern erklären und dadurch die Rechtsfolge herbeiführen, dass für die Nachlassverbindlichkeiten nur das Nachlassvermögen und nicht der Erbe mit seinem eigenen Vermögen haftet. Die Erklärung muss mit der Vorlage eines Nachlassverzeichnisses verbunden werden. Der Erbe eines überschuldeten Nachlasses muss also das restliche Nachlassvermögen für die Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten einsetzen,
darüber hinaus aber kein eigenes Vermögen.


Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Nachlassvermögen zu stellen. Die Rechtsfolge ist
die gleiche wie bei der Dürftigkeitseinrede, die Kosten sind aber höher. Bei komplizierteren Nachlassvermögen kann auf Antrag die gerichtliche Anordnung der Nachlassverwaltung erfolgen. Dann wird ein Nachlassverwalter bestellt, der die Nachlassverbindlichkeiten ermitteln und ausgleichen soll. Auch hier ist die Haftung sofort auf den Nachlass beschränkt, es entstehen aber Verfahrenskosten.
 
Während der Ermittlungen über das Nachlassvermögen kann der Erbe gegenüber den Gläubigern außerdem die Dreimonatseinrede erheben: Innerhalb von 3 Monaten nach dem Todesfall gelten die (eigentlich fälligen) Nachlassverbindlich-keiten als nicht fällig, damit der Erbe Zeit für seine Ermittlungen hat.     

                                                       Florian Römer, Rechtsanwalt in Salzhausen