Lüneburg, Juni 2021

Upcycling als Kunstform

Recycling kann viel mehr sein, als die Wiederverwertung alter Materialien in der Industrie. Die Magdeburger Künstlerin Claudia Simon nutzt Recycling als Kunstform. Upcycling Art nennt sich, was sie mit ihren grafischen Stickbildern und ihrer Schablonen-Kunst (Stencils) macht.

Fotos © Claudia Simon


„Mir geht es darum, Upcycling Art von ihrem Schmuddel-Image wegzubekommen“, erklärt Claudia Simon. „Kunst aus alten Gegenständen ist nicht zwangsläufig ein Müllprodukt, sondern kann auch sehr ästhetisch wirken.“ Die 37-jährige Künstlerin ist über Umwege freischaffende Künstlerin geworden.
Nach Ausbruch des Fatigue-Syndroms hat Claudia Simon die Kunst des Stickens für sich entdeckt und damit auch ihre krankheitsbedingte Depression überwunden. „Durch diese langsame, meditative Art Kunst zu machen, habe ich für mich die Langsamkeit entdeckt – und die Schönheit, die darin liegen kann. Ich habe schon vorher Kunst gemacht – doch diese Krankheit hat mich zur Künstlerin gemacht.“
Für ihre Stick-Kunst nutzt Simon ausschließlich alte Tischdecken und Stoffe mit Geschichte. „Meine Bilder erzählen meist Geschichten. Deshalb ist es mir wichtig, dass auch die verwendeten Materialien bereits eine Geschichte haben – durch meine Kunst werden sie aufgewertet und umgedeutet. Eine Serviette oder ein Tischtuch hängen dann plötzlich an der Wand und bringen die Betrachter zum Lachen oder Nachdenken.“
Ihre Stick-Kunst erinnert an moderne Zeichnungen, die durch das Stickgarn im wahrsten Sinne des Wortes fühlbar werden.
Während diese Werke meist die Langsamkeit zelebrieren und zum Innehalten einladen, zaubern Simons Handcut-Stencil (handgeschnittene Schablonen) dem Betrachter oft ein großes Lächeln ins Gesicht. Denn auch für die Künstlerin gibt es nichts Schöneres als Lachen.
Was die modernen Stickereien mit den gesprühten Stencilarbeiten gemein haben? Ganz einfach: das Upcyceln alter Materialien. So sprüht Claudia Simon ihre Stencils (Schablonen) aktuell auf altes von ihr gerettetes Turnhallenparkett. „Ich war sofort in das Parkett mit seinen vielen farbigen Markierungen und Gebrauchsspuren verliebt“, erklärt die Künstlerin. „Meine Stencils greifen das Material thematisch auf, etwa wenn ich einen Turnschuh draufsprühe, an dem Kaugummi klebt.“ Auch bei den Stencils gehen Material und Motive eine künstlerische Verbindung ein, durch die etwas komplett Neues entsteht.
Aus alt mach neu und werde wieder neu – so lässt sich wohl das Motto der Magdeburger Künstlerin am besten beschreiben. Jedes ihrer Werke ist ein Unikat, wobei Claudia Simon auch Auftragsarbeiten annimmt, wie zum Beispiel Stick-Portraits.
Über www.meinhood.shop gelangt man zu ihrem Onlineshop und erfährt auch noch mehr über den Hintergrund ihrer Kunst.
Zu sehen sind Simons Werke unter anderem in einer Dauerausstellung im Futurium Berlin.

Autor: Claudia Simon

2014 erkrankte die Kunstpädagogin nach einem Tropen-Urlaub an dem chronischen Fatigue-Syndrom. „Meine über 80-jährige Großmutter verfügt bis heute oft über mehr Energie als ich“, so Claudia Simon. Ob sie die Krankheit je überwinden wird, ist unklar.