Einsamkeit und Langeweile

… sind keine Frage des Alters, der Gesundheit oder des sozialen Standes. Sie sind in allen Ebenen angekommen und werden in so besonderen Zeiten wie den jetzigen, mit Abstand und Einschränkungen, viel dramatischer. ABER! Sie werden auch Gesprächsthema – und das zu Recht.

Man sollte meinen, dass man über alles reden kann. Doch dem ist nicht so. Es gibt immer noch Themen die einfach Tabu sind. Und zwar leider meistens für die Personen, die es betrifft. Auch in unserer heutigen so aufgeklärten Gesellschaft, haben viele Menschen Ängste, die sie nicht wagen auszusprechen. Eines dieser Tabu-Themen ist die Einsamkeit. Sich alleingelassen fühlen, keinen Gesprächspartner zu haben und den Sinn des Lebens zu verlieren sind Anzeichen der tiefen Einsamkeit. Sogar Menschen, die noch Familienmitglieder um sich herum haben, leiden unter Einsamkeit. Nämlich dann, wenn die Anderen nicht einmal Zeit für einen kleinen Plausch zwischendurch haben. Dieses Phänomen begegnet uns in jedem Alter, in jeder sozialen Schicht. Daher sollten wir alle miteinander reden (können). Gefühle und Bedürfnisse unserer Mitmenschen, Familienmitglieder und Freunde wahrnehmen und zuhören.


Über 60 und niemand da zum Reden?
Es gibt eine Hotline für einsame Senioren, die zunächst 2017 in und für Berlin-Brandenburg gegründet wurde. Träger ist der 2016 gegründete Verein Silbernetz in Kooperation mit dem Humanistischen Verband Deutschland. Silbernetz geht davon aus, dass in Deutschland rund acht Millionen Menschen zwischen 60 und 99 zumindest zeitweise von Einsamkeit betroffen sind. Vorbild der Hotline war das britische Angebot „The Silver Line“.
Die kostenfreie Rufnummer 0800 4 70 80 90 des Silbertelefons ist  für Anrufer/innen seit 13. März 2020 bundesweit erreichbar (vorerst von 08:00 bis 22:00 Uhr). Hier finden Menschen ab 60 Jahren am anderen Ende der Leitung jemanden zum Reden. Die Nachfrage nach diesem Service war von Beginn an groß. Nach eigener Evaluation des Silbernetz Vereins sind etwa 80 bis 90 der Anrufer weiblich. Was Ihnen fehlt ist einfach ein/e Gesprächspartner/in. „Nur mal reden.“ ist mit über 80 Prozent der häufigste Wunsch.
Viele Anrufer und Anruferinnen melden sich dann nicht nur einmal. Es entstehen sogar Telefonfreundschaften, die den Menschen wieder Mut geben. In vielen Städten werden auch Tipps für Aktivitäten und Kontakte zu Gleichgesinnten vermittelt, beispielsweise Gruppen, die man besuchen kann, ohne sich für irgendetwas rechtfertigen zu müssen.


Wege aus der Einsamkeit
In Zeiten von Corona sind Kontakte aber genau das, was vermieden werden soll. Einschränkungen des sozialen Lebens für alle, machen den Einsamen noch bewusster, dass sie allein sind. Sie haben nichts, was sie einschränken müssen. Das tut der Seele nicht gut. Gerade jetzt ist es wichtig, der Isolation und dieser Art Lethargie entgegenzuwirken. Gestalten Sie Ihren Tag! Machen Sie sich einen Plan! Gehen Sie regelmäßig raus und stecken Sie sich Ziele.
Wer keinem geregelten Berufsalltag mehr nachgehen muss, braucht eine andere Struktur. In den Tag hinein leben und alle Fünfe gerade sein lassen birgt ein hohes Risiko zur Vereinsamung. Setzen Sie sich regelmäßige Aktivitäten auf den Plan. Kleine Rituale. Zum Beispiel die heiße Tasse Kaffee im mitgebrachten Thermobecher, die Sie jeden Mittwoch um 15.00 Uhr auf der Parkbank im Kurpark trinken. Oder der Besuch eines alten Freundes an jedem 2. Montag im Monat. Die Aufgaben dürfen nicht zu groß und zur Belastung werden. Sie sollen Struktur in den Tagesablauf bringen und ein bisschen Vorfreude auf kommende Ereignisse schaffen.
Trainieren Sie auch regelmäßig Ihren Kopf. Machen Sie Kreuzworträtsel, Sudoku oder andere Ratespiele. Schreiben Sie sich nicht alles auf, wenn Sie etwas einkaufen wollen. Versuchen Sie bewusst, sich ein paar Dinge im Kopf zu merken. Sie werden sehen, wenn es am Anfang auch nur drei Dinge waren, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind, so werden Sie sich freuen, wenn Sie sich irgendwann fünf Dinge ganz einfach wieder merken können.
Um der Langeweile zu begegnen, gibt es ganz wunderbare Beschäftigungsmöglichkeiten für einen allein. Der Klassiker ist sicherlich das Buch. Um Ihnen hier eine kleine Inspiration zu geben, haben wir in unserem Magazin immer wieder Buchtipps. Aber wer hat schon immer Lust zum Lesen? Zur Abwechslung dienen hier ebenso Hörbücher wie kleine Spiele für Einzelpersonen, zum Beispiel Kartenlegespiele, Puzzle, Malen oder Basteln. Die Auswahl ist riesig.
Dadurch, dass wir nicht miteinander die Zeit verbringen dürfen, ist vielen Menschen erst bewusst geworden, was sie an dem doch so normalen Alltag eigentlich haben – die Begegnungen, die Berührungen, das Lächeln des Gegenüber. Für all diejenigen, die sich in den letzten Monaten einen Weg gesucht haben und ihn fanden, um Freunde und Familie sei es auch mittels technischer Hilfen zu begegnen, sei ein großes Lob an dieser Stelle genannt. Für all diejenigen die sich dessen versperrt haben oder einfach nicht den Mut aufgebracht haben, sei gesagt: Wagen Sie es, den Schalter auf „ON“ zu drücken. Nutzen Sie die Möglichkeiten unserer Zeit und gehen offensiv mit Ihren Beürfnissen um! Es gibt auch in Ihrer Umgebung Menschen, die Ihnen dabei helfen, Kontakte aufzunehmen.

Text: SB