Nach einem Schlaganfall fällt Patienten das Sprechen oft schwer.
Eine Musiktherapie hilft ihnen, sich die Worte zurückzuerobern.
Die Sprache ist unser wichtigstes Werkzeug. Mit ihr orientieren wir uns, tauschen uns aus und sind mit anderen Menschen in Kontakt. Nach einem Schlaganfall funktioniert dieses Werkzeug aber
häufig nicht mehr richtig. Erkrankte können dann bestimmte Worte nicht mehr deutlich aussprechen oder finden den passenden Begriff nicht, sie sagen vielleicht Baum, wenn sie Blume meinen, oder
umgekehrt. Fachleute nennen dieses eingeschränkte Sprachvermögen Aphasie.
Patienten erleben diese Situation oft als beängstigend. Viele fühlen sich isoliert und ziehen sich zurück. Um ihnen zu helfen, arbeitet die DianaKlinik – eine der größten Rehabilitationskliniken
Norddeutschlands – schon seit Jahren mit der Neurologischen Musiktherapie. Denn Klänge, Melodien und Lieder wecken Erinnerungen, sprechen die Gefühle an und ermöglichen einen Austausch jenseits
der Worte. Sie kann Erkrankten helfen, wieder Anschluss
zu finden.
„Das Konzept wurde in den 90er Jahren von dem deutsch-amerikanischen Wissenschaftler und Musiker Michael Thaut entwickelt und beinhaltet verschiedene Techniken“, erklärt Elke Rohde,
Musiktherapeutin an der DianaKlinik. „Zwei davon stammen aus dem Bereich des Sprach- und Sprechtrainings: das Musikalische Mundmotoriktraining und die Musikalische Sprechstimulation.“
Das Musikalische Mundmotoriktraining kommt beispielsweise bei einer sogenannten Sprechapraxie zum Einsatz. Diese Störung geht oft mit einer Aphasie einher und äußert sich unter anderem in der
fehlerhaften Bildung von Lauten in Wörtern oder in Satzabbrüchen. „Mit dem Mundmotoriktraining übe ich mit meinen Patienten dann zur Lautanbahnung das Singen von Silben“, so Elke Rohde. Bei der
anderen Technik, der Musikalischen Sprechstimulation, lässt sie beim gemeinsamen Singen in den Liedversen einzelne Worte oder Phrasen im Lied aus; ihr Patient ergänzt sie. Heißt es etwa: „Der
Kuckuck und der Esel, die hatten einen ...“, schließt der Patient mit „... Streit“ die entstandene Lücke und übt auf diese Weise, die jeweils richtigen Begriffe für eine Situation zu finden und
zu artikulieren. Hierbei tauscht sich Elke Rohde regelmäßig mit den Sprachtherapeuten der Klinik aus und arbeitet gezielt mit Silben und Wörtern, die auch in der Sprachtherapie geübt werden.
Menschen mit einer Aphasie fällt das Singen oft leichter als das Sprechen. Denn die emotionalen und melodischen Anteile der Sprache wie Ausdruckskraft, Klang und Melodie werden in der rechten
Hirnhälfte verarbeitet, die bei Aphasie in der Regel nicht geschädigt ist“, sagt Elke Rohde. Je nach Schweregrad der Aphasie wählt sie Lieder aus, die ihre Patienten auch artikulieren können.
Dabei sei es unerheblich, ob es sich um ein Volkslied, ein Kinderlied oder um einen Schlager handele, solange es sie emotional anspreche. „Vertraute Klänge und Texte motivieren enorm und
verschaffen Erfolgserlebnisse. Es ist schön zu sehen, wie meine Patienten beim Mitsingen und Mitwippen plötzlich aufblühen, wie ihre Augen anfangen zu leuchten und sie wieder Hoffnung
schöpfen.“
Birga Berndsen Communications