Gräber bedroht vom Erdrutsch

Der Michaelisfriedhof ist der älteste Lüneburgs, der noch immer belegt wird. Doch er liegt mitten im Zentrum eines geologischen Phänomens unserer Gegend. Er ist von der Erdbewegung so stark bedroht, dass Gräber schon verlegt werden mussten. Dabei liegen hier große Persönlichkeiten und viele Geschichten Lüneburgs, die es Wert sind, auch

über Jahrhunderte erhalten zu werden.

 
Im Jahre 1651 wurde das erste Grab auf dem Michaelisfriedhof, damals noch vor den Toren Lüneburgs, belegt. Anfangs war er ein kirchlicher Friedhof und wurde über die Jahre hin so belegt, dass er zeitweise für neue Bestattungen gesperrt werden musste. Die heutige kleine Kapelle auf dem Michaelisfriedhof ist nicht der Kirche zuzuschreiben. Sie wurde im Jahre 1791 als reines Begräbnishaus errichtet. 1968 kam er in städtische Regie und wurde erst 1983 wieder für neue Bestattungen freigegeben.


Nun mussten schon wieder Teile des Friedhofes für Gräber gesperrt werden. Diesmal ist der Grund ein nicht zu kontrollierendes Ereignis. Der Boden rutscht hier den Besuchern und Toten im wahrsten Sinne unter den Füßen weg. In den letzten 10 Jahren ist er auf einer Länge nur von etwa 50 Metern über 2,5 Meter tief abgerutscht. An der roten Linie, oben auf unserem Foto, kann man sehen, wie sich der Boden gesenkt hat. Einst lief die Linie (gelb) ganz gerade. Auch die Wohnhäuser, die direkt neben dem Friedhof stehen, im Senkungsgebiet, sind davon betroffen. Es droht Einsturzgefahr. Viele Gräber wurden umgebettet, andere wieder gerichtet, soweit es möglich ist.


Ganz besonderes Augenmerk haben viele Historiker auf die Grabstätten stadtgeschichtlicher und künstlerischer Persönlichkeiten, die hier auf dem Michaelisfriedhof begraben sind, wie zum Beispiel Charlotte Huhn (1865 – 1925). Sie wurde als jüngstes von fünf Kindern eines Friseurs geboren und wuchs in der Grapengießerstraße auf. An ihrem Elternhaus findet man heute eine Gedenktafel.
„Netzwerke sind … keine Erfindung unserer Zeit. Es gab sie schon Ende des 19. Jahrhunderts. Da unterstützten reiche Frauen ärmere, talentiertere. So sponserte zum Beispiel die Bürgermeister-Gattin Marie Gravenhorst  als Mäzenin die Altistin Charlotte Huhn, damit die junge Frau sich überhaupt das Studium in Köln leisten konnte, um nach einer langen Lebens- und natürlich auch Schiffsreise später in New York auf der Bühne zu stehen.“


„Knapp 3 Jahre gehörte sie zur Metropolitan Oper in New York, aber auch Boston und Chicago, wo sie verschiedenste Rollen sang. Sie spielte nicht nur in der Opernwelt eine große Rolle, sondern war auch eine gefeierte Konzertsängerin. Es folgten viele Stationen wie Bresslau, Berlin, Dresden, Köln … Niederlande, Skandinavien und Südamerika.“ Bis heute ist Charlotte Huhn in der Fachwelt eine angesehene Künstlerin geblieben.