Lüneburg, Juni 2022

Ihre Rechte als Fluggast

Sommerzeit – Reisezeit. Doch die Freude auf die „schönste Zeit des Jahres“ kann schnell getrübt werden, wenn der Flug zum Reiseziel überbucht ist, annulliert wird oder verspätet ankommt. Die EU-Fluggastrechtverordnung gewährt in diesen Fällen Fluggästen verschiedene Ansprüche gegen das ausführende Flugunternehmen.

© suhyeon-choi-unsplash.com
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Das gilt sowohl bei einer Flugpauschalreise als auch bei einer reinen Luftbeförderung. Allerdings dürfen die Ansprüche, die man gegen das Luftfahrtunternehmen und den Pauschalreiseveranstalter wegen desselben Ereignisses haben könnte, nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Bereits durch einen dieser beiden möglichen Anspruchsgegner erfüllte Ansprüche werden vielmehr bei der Geltendmachung gegenüber dem anderen Anspruchsgegner angerechnet.

Voraussetzung für diese Ansprüche ist immer, dass die Fluggesellschaft entweder ihren Sitz in der Europäischen Union hat oder der Flug von einem Flughafen innerhalb der EU abgeht/abgehen sollte. Ein Beispiel: Sie fliegen mit einer deutschen Fluggesellschaft von Hurghada (Ägypten) nach Berlin. Sie landen mit deutlicher Verspätung. In diesem Fall haben Sie ein Anrecht auf eine finanzielle Entschädigung für den durch die Flugverspätung erlittenen Zeitverlust. Wären Sie mit der ägyptischen Fluggesellschaft Egyptair geflogen, würde die europäische Fluggastrechteverordnung nicht greifen.
Bei Nichtbeförderung kann der Fluggast wählen, ob er zum nächstmöglichen oder zu einem späteren Zeitpunkt befördert werden oder ob er die Erstattung des Reisepreises verlangen will. Muss der Fluggast längere Zeit am Flughafen verweilen, hat er Anspruch auf Betreuungsleistungen (Verpflegung, Hotelunterbringung).
Daneben kann ein Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung bestehen, die zwischen 250 und 600 Euro beträgt und deren Höhe von der Entfernung des gebuchten Fluges abhängt. Bei Annullierungen besteht ein Anspruch auf eine solche Ausgleichsleistung nur, wenn der Fluggast weniger als 7 Tage vor dem Abflug über die Annullierung benachrichtigt und ihm kein Ersatzflug angeboten wurde, mit dem er weniger als eine Stunde vor oder weniger als zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit am Zielort ankommen kann. Wurde er zwischen 7 und 14 Tagen vor dem planmäßigen Abflug benachrichtigt, gilt dies nur, wenn ihm kein Ersatzflug angeboten wurde, mit dem er weniger als zwei Stunden vor und weniger als vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit am Zielort ankommen kann. Wird dem Fluggast bei Annullierung ein Ersatzflug angeboten, dessen Ankunftszeit bei Flügen unter 1.500 km weniger als zwei Stunden, bei Flügen zwischen 1.500 und 3.500 km weniger als drei Stunden und bei Flügen über 3.500 km weniger als vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit liegt, können die genannten Ausgleichsleistungen um fünfzig Prozent gekürzt werden.
Ausgeschlossen ist der Anspruch auf Ausgleichszahlung allerdings bei Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“. Das sind solche Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen nicht zu vertreten sind (z.B. politische Unruhen, Wetterbedingungen, Sicherheitsrisiken, unerwartete Flugsicherheitsmängel, Streiks). Technische Probleme am eingesetzten Flugzeug stellen allerdings keine außergewöhnlichen Umstände dar.
Autor: Jörg Marquard, Rechtsanwalt und Notar; Wöbken, Braune & Kollegen