Lüneburg, Dezember 2022

LEGO IST KEINE FRAGE DES ALTERS

Rita Ebel - so bunt und fröhlich wie ihre Lego-Rampen


Man nehme ein Handicap, eine aufmerksame und lebensfrohe Persönlichkeit, eine einfache Idee und auf einmal geht die Geschichte von Rita Ebel durch die ganze Welt.


© Rita Ebel - Die Lego Oma, Rampe71-Alzenau
© Rita Ebel - Die Lego Oma, Rampe71-Alzenau

Namhafte Zeitungen und Fernsehformate wie Galileo, Reuters und Co. berichteten über die Dame im Rollstuhl, die auch liebevoll von allen „die Lego Oma“ genannt wird. Die Rede ist von Rita Ebel.
Vor 28 Jahren war Rita mit dem Auto auf dem Nachhauseweg, als es ihr plötzlich während der Fahrt nicht gut ging und sie mit 40 km/h in eine Hauswand krachte. Ihre junge Beifahrerin kam zum Glück mit einem gebrochen Arm davon, doch für Rita änderte sich das Leben schlagartig. Sie ist seitdem auf den Rollstuhl angewiesen. Reha- und Krankenhausaufenthalte begleiten jetzt ihren Alltag.
Doch die junge Frau kämpfte sich mit eisernem Willen zurück ins „Leben“. Zwar akzeptierte sie ihr Handicap, doch gab sie noch lange nicht auf. Sie blieb die aufgeschlossene und warmherzige Person, die wir auch heute kennenlernen dürfen.
Durch den Rollstuhl wurde Rita bewusst, wie viele Hürden doch Menschen im Alltag bewältigen müssen, um einfach aus der Haustür zu kommen oder einkaufen zu gehen und dabei ist es völlig egal, ob man im Rollstuhl sitzt, Mutter mit Kinderwagen oder mobiler Senior mit Rollator ist – Stufen machen den Alltag schwer, aber nicht unmöglich.
Eines Tages wurde sie in einer Fachzeitschrift auf eine Dame aufmerksam, die in ihrer Freizeit Rampen aus Legosteinen baute. Sie war davon fasziniert und setzte sich mit der Frau in Verbindung. Diese ist mittlerweile schwer krank und konnte selbst die Rampen nicht mehr bauen.
Mit ihren Mann verfeinerte sie die Bauanleitungen der Rampen und begann die Bewältigung der alltäglichen Hürden in Angriff zu nehmen. Inzwischen gibt es die Anleitungen in 8 Sprachen, die sie durch Freunde und Familie übersetzen ließ. Gemeinsam mit ihrer Familie baute sie die ersten Rampen aus Legosteinen, für Geschäfte in Hanau, die diese für hilfebedürftige Menschen installierten.
Und siehe da, aus einer simplen weitergeführten Idee wurde „Die Lego-­Oma“.
Der erste Beitrag über ihre Geschichte und ehrenamtliche Aktion wurde von Reuters veröffentlicht. Innerhalb von 3 bis 5 Stunden boomte die Lego-Oma online und die ganze Welt fing an, über die Dame im Rollstuhl aus Hanau zu berichten. Es wurde zum Selbstläufer und Kettenreaktionen an Beiträgen nahmen ihren Lauf. Dubai, Südafrika, amerikanische Staaten und sogar auf den Fidschi Inseln – ein jeder kennt sie – die Lego-Oma aus Hanau.
Obwohl Rita schon so viele Interviews geführt hat, ist es ihr wichtig, zu jedem einzelnen, der über sie berichten mag, Kontakt aufzunehmen. Dann erzählt sie ihre Geschichte mit Herzblut, einem riesigen Lächeln und ein Strahlen in den Augen, als wurde es gerade erst bekannt gemacht, dass die Dame mit Handicap und ihre Lego-Rampen existieren.

 

Wie finanzieren sich die Rampen, denn Lego ist doch ein sehr teures Spielzeug?
Das Projekt „finanziert“ sich durch Lego-Steine die von Menschen aus der ganzen Welt gespendet werden. Jeder, der kein Gebrauch oder Verwendung dafür hat, kann sämtliche Steine an die Lego-Oma senden. Diese werden dort gereinigt und nach Verwendungszweck geprüft und sortiert.


Eignet sich jeder Stein für eine Rampe?
Steine, die nicht verwendet werden können, tauscht Rita online mit Händlern gegen Steine, die sie für die Rampen gebrauchen kann. Auch Playmobil oder Lego-Duplo, das sich in die Spendentüte verirrt hat, wird an umliegende Kindergärten verschenkt/weiter gespendet. So handelt es sich um nachhaltige Verwertung. Bei besonderen Motiven, die sich Geschäfte wünschen, werden Steinchen passend gesucht, damit sie am Ende das gewünschte Motiv ergeben. Insgesamt führt Rita ein kleines „Familienunternehmen“ in dem jeder der Lust hat mitbaut. 9 feste Helfer hat sie in ihrem Team und zusammen haben sie bereits 1,8 Tonnen Legosteine verarbeitet.


Aber wie halten die Rampen bei Wind und Wetter?
Lego ist ein sehr hochwertiges Material, das sehr robust ist. Einige Geschäfte lassen ihre Rampen Tag und Nacht draußen vor den Geschäften liegen. Aber dazu werden die Rampen auf rutschfeste Matten gestellt und mit besonderem Kleber stabilisiert. Auch dabei arbeitet sie mittlerweile mit festen Sponsoren zusammen, die den Kleber und rutschfeste Matten für dieses sozialen Projekt mit beisteuern.


Passiert das alles bei der Lego-Oma Zuhause?
Nicht mehr. Am Anfang lief alles in den eigenen vier Wänden ab. „Doch manchmal kannst du auch keine Legosteine mehr auf dem Küchentisch sehen“, so Rita. Sie hat von der Stadt eine Räumlichkeit zur Verfügung gestellt bekommen, in denen sie bauen dürfen. Das Problem ist allerdings, dass sie nur am Wochenende dort bauen könnenund die  Steine und andere Materialien immer wieder wegräumen müssen, da diese Räumlichkeiten auch von anderen Menschen genutzt werden.

Aus diesem Grund sind Rita und ihr Team noch auf der Suche nach der passenden Location, in die sie kommen und gehen, aufräumen und „rumschusseln“ können wie sie lustig sind.
Denn der Fahrtweg und das ständige wegräumen raubt Zeit und Lust. Für eine Rampe brauchen sie bis zu 50 Stunden, je nach Größe und Muster.


Wie viele Rampen wurden bis jetzt gebaut?
Aktuell hat das Team aus Hanau 87 Rampen gebaut. „Am Anfang dachte ich, bei 100 Stück ist Schluss. Aber jetzt wissen wir, über das Ziel werden wir eindeutig hinausschießen“, sagte Rita lachend.
Mittlerweile ist es ein fester Bestandteil im Leben von Rita und ihrem Mann geworden, das sie zusammenschweißt. „Allerdings ist es auch wichtig“, sagt Rita herzlich, „… dass jeder seine eigenen Interessen und Hobbys noch nachgehen kann. Denn trotz des Ehrenamtes bleiben wir Privatleute“.


Wer kann das Projekt unterstützen?
Jeder! Seit Oktober arbeitet die Lego-­Oma mit der AWO in Hanau zusammen. Gelder können auf das Spendenkonto der AWO mit dem Verwendungszweck „Projekt Legorampen“ überwiesen werden und eine Spendenbescheinigung gibt es bei Bedarf auch. Das war Rita vorher als Privatperson immer nicht möglich, da sie kein eingetragener Verein war und somit Geldspenden nicht annehmen, geschweige denn, eine Spendenbescheinigung ausfüllen durfte. Der Aktion wird das komplette Geld zur Verfügung gestellt. Genauso freut sich Rita aber auch über die liebevollen Nachrichten von Lesern, stolzen Rampenbesitzern oder, nach dem Aushändigen einer Rampe im Geschäft, über die tollen Blumen und das Strahlen der Menschen, denen sie helfen.
Noch mehr freut sich Rita, wenn sie mit ihrem Projekt und ihrer positiven Energie weitere Menschen anstecken kann, die ebenfalls Lust haben , solche Lego-Rampen zu bauen. Gern unterstützt sie Anfragen, schickt die Bauanleitungen raus und hilft, das Projekt in weiteren Städten aufblühen zu lassen.

 

Beitrag: Christin Polednia