Lüneburg, Mai 2024

Verschenken mit warmer Hand

(c) Ricardo Moura auf Unsplash
(c) Ricardo Moura auf Unsplash

Die Berücksichtigung lebzeitiger Zuwendungen kann bei der späteren Auseinandersetzung des Nachlasses zu Streitigkeiten führen. Dennoch ist das „Verschenken mit warmer Hand“ aus verschiedenen Gründen sinnvoll, beispielsweise um den Abkömmlingen eine finanzielle Startgrundlage zu verschaffen oder um Erbschaftssteuer zu sparen. Dabei ist aber Verschiedenes zu beachten.

Wer zu Lebzeiten wesentliche Teile seines Vermögens, beispielsweise Immobilien oder aber auch größere Barbeträge, an seine Abkömmlinge verschenkt, sollte sich unbedingt auch Gedanken über die Auswirkungen solcher Schenkungen im Erbfall machen.

So ist die weitverbreitete Annahme, der Beschenkte müsse sich das ihm Zugewendete im Erbfall „automatisch“ auf seinen Erbteil anrechnen lassen, unzutreffend. Ebenso falsch ist die Annahme, dass der Beschenkte sich das Geschenk ohne Weiteres auf etwaige Pflichtteilsrechte anrechnen lassen muss. Beides bedarf einer ausdrücklichen Anordnung bei Vornahme der Schenkung.
Für die Ausgleichung ergibt sich dies aus § 2050 BGB. Danach müssen die Abkömmlinge bei Eintritt des gesetzlichen Erbfalls nur dann ihren jeweiligen Vorempfang gegenüber ihren miterbenden Geschwistern ausgleichen, wenn der Erblasser dies bei der lebzeitigen Zuwendung angeordnet hat. Nachholen kann der Erblasser die unterbliebene Anordnung durch einfache Erklärung gegenüber dem Beschenkten nicht mehr. Eine unterbliebene Anordnung kann er nur dadurch korrigieren, dass er entweder den anderen Abkömmlingen, die er gleich behandeln will, wertentsprechende Schenkungen macht, oder aber testamentarische Vermögenszuweisungen vornimmt, die sein lebzeitiges Versäumnis korrigieren.

Ähnlich verhält sich dies bei den Pflichtteilsrechten: § 2315 BGB bestimmt, dass sich der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Pflichtteil nur das anrechnen zu lassen hat, was ihm von dem Erblasser mit entsprechender ausdrücklicher Anrechnungsanordnung überlassen wurde. Ein Versäumnis kann in diesem Fall beispielsweise dazu führen, dass die Kinder im Falle eines Berliner Testaments (bei dem sich die Eltern wechselseitig als Alleinerben einsetzen und die Kinder eigentlich erst im Schlusserbfall zum „Zuge“ kommen sollen) schon im ersten Erbfall ihren Pflichtteil verlangen können, obgleich sie bereits zuvor erhebliche Schenkungen erhalten haben.
Daher ist es wichtig, schon bei Vornahme der Schenkung entsprechende Anordnungen in die Schenkungsurkunde aufzunehmen. Dies gilt, was vielfach nicht beachtet wird, nicht nur für die notariell beurkundete Immobilienschenkung, sondern auch für die Zuwendung größerer Geldbeträge.