Lüneburg, Dezember 2025
Seit dem Jahr 2012 steigt die Anzahl des geerbten und geschenkten Vermögens kontinuierlich an. Im Jahr 2023 wurde ein neues Rekordhoch erreicht: 121,5 Milliarden Euro wurden vom Finanzamt veranlagt.
Zum einen liegt es an der demografischen Entwicklung und den gestiegenen Immobilienwerten, und natürlich hängt es sicher auch mit der Angst zusammen, dass die Verfassungsmäßigkeit erneut geprüft
wird und damit eine mögliche (erneute) Gesetzesänderung vor der Tür steht.
Neben der Betrachtung von Schenkungs- und Erbschaftsteuer ist allerdings nicht die Ertragsteuer zu vernachlässigen. Dies gilt insbesondere bei geschenktem oder geerbtem land- und
forstwirtschaftlichem Grundvermögen, sofern die Grundstücke ursprünglich zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten. Werden solche Grundstücke von dem Beschenkten oder
Erben später veräußert, entstehen Veräußerungsgewinne, die zu versteuern sind. Die Spekulationssteuerfrist von 10 Jahren gilt hierbei nicht!
Zu beachten ist, dass bisher landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, ohne eine ausdrückliche Entnahmehandlung vor dem Finanzamt, Betriebsvermögen bleiben. Bei einer Entnahme in das
Privatvermögen wird der Unterschiedswert zwischen dem aktuellen Grundstückswert und dem im Betriebsvermögen vorhandenen Buchwert versteuert. Die Entnahme muss unmissverständlich dem Finanzamt
gegenüber klargemacht werden. Eine Änderung in der Höfe-Ordnung ersetzt die Entnahmehandlung gegenüber dem Finanzamt nicht.
Die Entnahmehandlung ist dabei nicht an bestimmte Formen gebunden, aber sie muss klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Werden z.B. die Flächen verpachtet, kann es bedeuten, dass die
betriebliche Tätigkeit auf Dauer eingestellt und die Betriebsaufgabe erklärt werden soll. Sie kann aber auch eine nur vorübergehende Unterbrechung der Tätigkeit zum Inhalt haben, sofern der
Betriebsinhaber die Absicht hat, den Betrieb wieder aufzunehmen, oder der vom Rechtsnachfolger wieder aufgenommen werden soll. Bei so einer Betriebsverpachtung wird die dauernde
Betriebseinstellung grundsätzlich aber nur dann angenommen, wenn eine entsprechende Erklärung des Verpächters zu Beginn oder während der Pachtzeit abgegeben wurde. Es genügt nicht, wenn die
Pachteinnahmen in den Einkommensteuererklärungen als Vermietungseinnahmen deklariert und auch gleichlautend vom Finanzamt veranlagt werden.
Beweislastumkehr
Für viele unverständlich ist, dass die Beweislast für die Entnahmehandlung und damit der Zuordnung der Grundstücke zum Privatvermögen, beim Steuerpflichtigen liegt – unabhängig davon, wie lange
diese Grundstücke schon als Vermietungsobjekte behandelt wurden.

Deshalb ist insbesondere bei vorweggenommener Erbfolge daran zu denken, entsprechende Erklärungen und/oder Unterlagen bezüglich der Entnahmehandlung aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist von 8
Jahren ist komplett außer Acht zu lassen!
Die meisten bisherigen Verfahren hatten gemeinsam, dass die Finanzamtsakten aus den Jahren, in denen die Betriebsaufgabe erklärt worden sein sollte, nicht mehr existent waren. Ungeachtet dessen
hat der Steuerpflichtige die Beweislast. Nur bei einer nachgewiesenen, schuldhaften Beweisvereitelung des Finanzamtes ist von einer Beweislastumkehr auszugehen.
Bevor ein geerbtes, landwirtschaftlich genutztes Grundstück veräußert wird, ist daher die Frage zu klären, ob noch Betriebsvermögen vorliegt. Für einen landwirtschaftlichen Betrieb ist nach der
Rechtsprechung des BFH weder eine Mindestgröße noch ein Betriebsgebäude oder Inventar Voraussetzung. Durch die Rechtsprechung geht das Finanzamt noch, selbst bei einer selbstbewirtschafteten
Fläche von mindestens 3.000 qm, von einem Betriebsvermögen aus.
Liegt die Betriebsaufgabe vor, muss die Spekulationsfrist von 10 Jahren seit der Betriebsaufgabe beachtet werden. Die Versteuerung ist identisch mit der von anderen Grundstücken, sofern die
Veräußerung innerhalb von 10 Jahren stattfindet.
>> Kerstin Osterman, Steuerberaterin und Mediatorin