Lüneburg, Dezember 2024
Gut ist immer eine geplante und durchdachte Übertragung von Vermögensgegenständen und damit auch von Immobilien zu Lebzeiten. Das bedeutet nicht zwingend, bereits alles aus der Hand zu geben.
Regelungen können durch ein Testament oder einen Erbvertrag vorab getroffen werden. So können Streitigkeiten zwischen den Erben und steuerlichen Belastungen vermieden werden.
In der letzten Ausgabe wurden die Übertragungsmöglichkeiten von Familienheimen beschrieben. Es gibt natürlich auch vermietete Immobilien oder Anteile an Grundstücksgemeinschaften, die beachtet
werden müssen. Hierfür sind drei gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungsmethoden zu beachten:
1. Vergleichswertverfahren
Das Verfahren ist der häufigste Fall im Rahmen von Erbschaften bzw. Schenkungen. Es ist anzuwenden bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie bei Wohnungseigentum. Dabei werden aktuelle
Verkaufspreise aus Kaufpreissammlungen von Gutachterausschüssen herangezogen, die bei vergleichbaren Verkaufsobjekten aufgrund ihrer Lage, des Alters, der Wohnfläche und Grundstücksfläche erzielt
wurden. In Niedersachsen gibt es den Zugang über das Portal gag.niedersachsen.de. In den anderen Bundesländern gibt es ähnliche Zugänge, die allerdings manchmal einzeln zu beantragen sind.
Bei den Vergleichswerten wird allerdings der Zustand des Hauses oder der Wohnung nicht berücksichtigt. Besteht ein Renovierungsstau, ist das nicht miterfasst. Die Vergleichspreise sind auch nicht
auf die spezielle Lage des Gebäudes ausgerichtet, sondern richten sich nach dem Umkreis. Steht ein Gebäude dabei direkt an der Hauptstraße oder in einer verkehrsberuhigten Nebenstraße, macht dies
keinen Unterschied in der Kaufpreissammlung aus.
2. Ertragswertverfahren
Anzuwenden ist dieses Verfahren bei Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken, bei denen eine ortsübliche Miete erzielt werden kann. Das Ziel des
Ertragswertverfahrens ist es, den Wert des Grundstücks durch die Abzinsung der nachhaltig erzielbaren Erträge zu ermitteln. Das Verfahren berücksichtigt die Rentabilität der Immobilie und setzt
voraus, dass ein Käufer sich an erster Stelle für den langfristigen Ertrag der Immobilie interessiert. Der Mindestwert bei dieser Methode ist der Wert für den Grund und Boden nach den
veröffentlichten Bodenrichtwerten.
3. Sachwertverfahren
Das letzte Verfahren ist im Prinzip bei den vorgenannten Grundstücken anzuwenden, sofern es keine übliche Miete oder keinen Vergleichswert lt. Gutachterausschuss gibt. Auch hier zieht man
zunächst für den Grund und Boden die Bodenrichtwerte heran. Für die Bewertung des Gebäudes werden sogenannte Normalherstellungskosten herangezogen, die sich durch Normkosten standardisierter
Baukosten je Quadratmeter für verschiedene Gebäudetypen und Ausstattungsniveaus ergeben.
Sind nach diesen drei Bewertungsmethoden keine realistischen Werte zu ermitteln, besteht die Möglichkeit ein Gutachten durch eine zertifizierte Stelle bzw. zertifiziertem Gutachter erstellen zu
lassen. Ebenfalls ist die Berücksichtigung eines tatsächlichen Kaufpreises, der innerhalb eines Jahres vor und nach der Übertragung erzielt wurde, als Nachweis für einen niedrigeren Wert
möglich.
Wird festgestellt, dass die Immobilienwerte oder die Vermögenswerte insgesamt höher als die Freibeträge bei der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer sind, ist eine verbreitete
Wertminderungsmöglichkeit, die Immobilie unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchs oder Wohnungsrechtes zu übertragen. Beide Rechte werden als Schuld vom Immobilienwert abgezogen. So kann erreicht
werden, dass der 10-Jahreszeitraum für die Freibeträge in der Schenkungsteuer möglicherweise häufiger ausgenutzt werden kann und zum anderen, die Einkünfte oder das Nutzen der Immobilien nicht
eingeschränkt werden.
Der Wert sowohl des Wohnungsrechtes als auch des Nießbrauchs richtet sich nach den ortsüblichen Mieten, der Wohn- bzw. Nutzfläche und dem Alter des Übertragenden. Je jünger der Übertragende ist,
desto höher ist damit die Bewertung der abzuziehenden Last.
Diese Abzugsmöglichkeit besteht natürlich nur bei Übertragungen zu Lebzeiten. Die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten sollten deshalb frühzeitig mit den Angehörigen besprochen werden.
>> Kerstin Ostermann, Steuerberaterin und Mediatorin
Lüneburg, September 2024
Laut Statistiken leben zwischen 43 % und 47 % in eigenem Wohneigentum. Viele haben hinzu noch Teile ihres Vermögens in Immobilien angelegt und vermieten diese. Die Übergabe dieser
Immobilien ist deshalb häufiges Thema – insbesondere, um keine unnötige Steuerbelastung auszulösen.
Einkommensteuerlich ist bei einem Verkauf einer selbst bewohnten Immobilie nur wenig zu beachten. Ein Verkauf mit Gewinn ist bei einer Selbstnutzung befreit, wenn die Immobilien zwischen dem
Erwerb und dem Verkauf, oder aber mindestens in den letzten 3 Jahren vor der Übergabe selbst genutzt wurde. Werden die Immobilien vermietet, entfällt die Einkommensteuer auf den
Veräußerungsgewinn, sofern die Immobilien mindestens 10 Jahre im Besitz des Veräußernden gehalten wurden. Immobilien, die verschenkt oder vererbt werden, lösen keine einkommensteuerlichen
Konsequenzen aus. Werden Immobilien verschenkt oder vererbt und werden diese vermietet, tritt der Übernehmende in die Fußstapfen des Übergebenden. Das bedeutet, dass die Bemessungsgrundlage für
die Abschreibung vom Übernehmenden mit übernommen und fortgeführt werden kann. Es macht entsprechend Sinn, sich die Anlage V aus der Einkommensteuererklärung des Übergebenden vorzeigen zu
lassen.
Auch wenn keine Einkommensteuer entsteht, ist noch die Erbschaftsteuer zu beachten. Diese greift sowohl bei Schenkungen als auch der Erbschaften. Bei den heutigen, oft sehr hohen
Immobilienpreisen sind schnell die Freibeträge überschritten. Durch eine über einen längeren Zeitraum reichende Planung ist eine Erbschaftssteuer jedoch vermeidbar oder zumindest reduzierbar und
damit entsprechend sinnvoll.
Von der Schenkungsteuer befreit sind Schenkungen / Übertragungen der eigengenutzten Immobilien, dem sogenannten Familienheim, an den Ehepartner. Der familiäre Lebensraum soll damit begünstigt
werden. Bedingung für die Steuerbefreiung ist, dass die Immobilie vor der Übertragung selbst genutzt wurde. Bei einer Ungleichverteilung der Vermögensgegenstände unter Ehepartnern oder
Lebensgemeinschaften ist der Übertrag auf den weniger vermögenden Ehepartner / Lebenspartner eine gute Möglichkeit den persönlichen Freibetrag von 500.000 Euro zwischen Ehepartnern nicht zu
schmälern und auch sofern folgend Schenkungen oder Erbschaften an die weitere Generation erfolgen sollen, die Freibeträge in der Erbschaftssteuer zu verdoppelt.
Beispiel: Der Ehemann besitzt ein Einfamilienhaus mit einem Wert von 500.000 Euro, das zusammen mit der Ehefrau selbst bewohnt wird. Weiterhin hat er ein Vermögen von 1.000.000 Euro. Ein Zugewinnausgleich besteht nicht. Weitere Erbberechtigte gibt es nicht. Wenn der Ehemann verstirbt, erbt die Ehefrau:
An Kinder sind Übertragungen zu Lebzeiten des Familienheimes nicht begünstigt. Die Befreiung greift nur bei der Übertragung von Todes wegen. Auch hier ist die Bedingung, dass die Immobilien
vorher von dem Erblasser selbst bewohnt wurde, oder es zwingend Gründe gegeben hat, die ein Selbstbewohnen nicht möglich machten. Weiterhin darf das Familienwohnheim eine maximale Wohnfläche von
200 qm aufweisen. Als größtes Hemmnis ist die Notwendigkeit zu erwähnen, dass das Familienheim nach der Übertragung zum einen unverzüglich von dem Erben bewohnt werden muss und das zu mindestens
10 Jahren. Nur bei zwingenden Gründen, die ein Selbstbewohnen unmöglich machen, muss die 10-Jahres-Frist nicht eingehalten werden. Ein neuer Arbeitgeber ist hierbei kein zwingender Grund. Werden
die Voraussetzungen nicht eingehalten, fällt rückwirkend bei Überschreiten der Freibeträge Erbschaftsteuer an. Das Vererben des Familienheimes sollte auf jeden Fall mit den Erben besprochen
werden.
Weitere Übertragungsmöglichkeiten und deren Bewertung erläutern wir Ihnen gerne in der nächsten Ausgabe.
Text Kerstin Ostermann, Steuerberaterin und Mediatorin