Lüneburg, Dezember 2022
In Zeiten steigender Lebenshaltungskosten und gleichzeitig steigender Lebenserwartung der Menschen, dank den Fortschritten der modernen Medizin, spielt das Thema Altersarmut in unserer
Gesellschaft eine immer größere Rolle.
Irgendwann kommen die meisten Senioren und Seniorinnen an einen Punkt, an dem sie den Alltag nicht mehr alleine bewältigen können – sie werden pflegebedürftig. In vielen Fällen übernimmt der
Ehegatte, der Nachwuchs oder andere nahestehende Personen freiwillig die Verantwortung und Pflege. Häufig sorgen Senioren und Seniorinnen auch selbst vor und treffen Vorkehrungen für den Fall der
Fälle, indem sie ihr Vermögen einsetzen und frühzeitig in Einrichtungen für altersgerechtes Wohnen umziehen.
Dennoch verfügt nicht jeder über ein solches Netzwerk oder ausreichend finanzielle Mittel, um seinen Lebensabend in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Spätestens wenn ein Wechsel in ein
Pflegeheim notwendig wird, stellt sich für viele die Frage, welche Kosten auf sie zukommen und wer diese trägt. Denn eines ist sicher: Pflege im Alter ist teuer!
Zunächst sind das Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen zur Deckung der eigenen Lebenshaltungs- und Pflegekosten einzusetzen. Hierunter fallen sämtliche Renten und Pensionen in voller
Höhe, Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung oder Kapitalvermögen, Zahlungen der Pflegeversicherung oder sogar Ansprüche auf Ehegattenunterhalt. Denn in erster Linie sind Ehepartner einander auch
im Falle einer Heimunterbringung zum Unterhalt verpflichtet. Außerdem sind, bis auf ein geringes Schonvermögen, sämtliche Vermögenswerte des Pflegebedürftigen einzusetzen. Hierunter kann auch der
Verkauf eines Eigenheims fallen.
Erst wenn die eigenen Einkünfte und das Vermögen für die Kosten der Pflege nicht ausreichen, kann ein Unterhaltsanspruch gegen die Kinder bestehen. Denn gem. § 1601 BGB sind Verwandte in gerader
Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. In den seltensten Fällen wird der Unterhaltsanspruch jedoch von den Eltern selbst geltend gemacht. Meistens klärt hier der Sozialhilfeträger
bestehende Unterhaltsansprüche ehe er einspringt. Denn nur wenn feststeht, dass weder die Unterhaltsberechtigten selbst noch deren Kinder in der Lage sind, die Pflegekosten zu decken, wird der
Staat in Erfüllung des staatlich verankerten Sozialgebotes in Form der Sozialhilfe eintreten. In diesem Zusammenhang überprüfen die Sozialämter auch genau, ob es in den zurückliegenden Jahren vor
Eintritt der sog. Bedürftigkeit der Eltern Schenkungen gegeben hat, die dann im Namen des Bedürftigen wieder zurückverlangt werden können.
Ob und wie viel Unterhalt Kinder bezahlen müssen, hängt u. a. davon ab, wie viel sie verdienen und ob sie selbst unterhaltspflichtige Kinder oder Ehegatten haben. Erfreulicherweise hat der
Gesetzgeber den Kreis unterhaltspflichtiger Kinder erheblich eingegrenzt. Seit dem 01.01.2020 sind Kinder nur dann zum Elternunterhalt verpflichtet, wenn ihr Bruttoeinkommen jährlich 100.000,00
Euro übersteigt. Es sind auch nur die eigenen Kinder und keine Schwiegerkinder unterhaltspflichtig. Gleichwohl kann das Einkommen des Ehegatten eine Rolle spielen, wenn das Kind selbst über keine
oder geringe Einkünfte verfügt und gegen seinen Ehepartner Unterhaltsansprüche hat.
Im Pflegefall oder im Falle einer notwendigen Heimunterbringung sollten also zunächst folgende Fragen geklärt werden:
Die genaue Berechnung der Höhe von Elternunterhalt und seine Voraussetzungen ist also ein sehr komplexes Thema, dass Sie im Fall der Fälle unbedingt mit einem fachlich versierten Rechtsanwalt
angehen sollten. Denn unabhängig von der Frage, ob ein Kind tatsächlich leistungsfähig ist und damit Unterhaltszahlungen zu erbringen hat, sind Angehörige in jedem Fall verpflichtet, Auskunft
über ihre finanzielle Situation zu erteilen. Hier gilt es, Fallstricke von vornherein zu umgehen.
Auch wenn Sie sich finanziell und familiär gut abgesichert fühlen, sollten Sie rechtzeitig Ihre Angelegenheiten regeln und sich über die Möglichkeiten, Immobilien oder Vermögen auf Ihre
Angehörigen zu übertragen, um sie ggf. vor dem Zugriff des Sozialamtes zu sichern, von einem erfahrenen Notar beraten und unterstützen lassen. Denn, sobald (Pflege-)Bedürftigkeit eingetreten ist,
kann es für viele Regelungsmöglichkeiten zu spät sein.
Catarina Batram, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht