Lüneburg, September 2019

Die Geschichte des Grabsteins

Grabsteine (veraltet auch Leichensteine) sind bearbeitete, meistens beschriftete massive Natursteine, die auf Friedhöfen in der Regel am Kopfende eines Grabes freistehend aufgestellt sind. Dabei gehört meistens je ein Grabstein zu einem Grab. Grabsteine dienen in den meisten Kulturen und allen großen Religionen zum Totengedenken sowie zur oberirdischen Kennzeichnung einer Grabstelle. Heutige Grabsteine weisen im Regelfall die Namen und Lebensdaten der Verstorbenen auf, ein Kreuz oder andere Symbole, und manchmal kleine Bilder oder einen Grabspruch. Die Gestaltung kann durch eine Friedhofsordnung geregelt sein. In alpinen Regionen sind statt Grabsteinen auch Grabkreuze üblich oder früher Totenbretter.

 

In der Antike wurden außerhalb von griechischen, griechisch-römischen und römischen Städten ganze Gräberstraßen angelegt (Athen, Pompeji, Via Appia bei Rom), die neben kleinen Baulichkeiten, Tempeln und Monumenten mit zahlreichen Grabsteinen (Stelen) besetzt waren. Römische Grabsteine mit Inschriften und Reliefdarstellungen fanden sich überall dort, wohin sich die römische Herrschaft und Kolonisation erstreckte.


Die Christen übernahmen die römische Sitte, Grabsteine und Steinsarkophage vor den Toren der Stadt zu errichten. Mit der aus der Reliquientranslation in die Kirchengebäude einhergehenden Suche nach dem fürbittenden Beistand der Heiligen entwickelte sich der Brauch, den geistlichen und weltlichen Adel, später auch wohlhabende, um die Kirche verdiente Bürger in Gewölben unter dem Fußboden der Kirchen, Kapellen und Kreuzgänge zu bestatten. Als äußeres Zeichen des Bestattungsortes wurden oberhalb des Fußbodens Grabplatten mit Inschriften und den Reliefbildnissen der Verstorbenen eingelassen. Diese Grabplatten wurden entweder aus Marmor, Sand-, Kalkstein, Granit, Schiefer oder auch Metall (Messing, Bronze) gefertigt. Als der Fußboden der Kirchen nicht mehr ausreichte, wurden die Grabplatten an den Wänden und Pfeilern der Kirchenschiffe und Kapellen aufrecht stehend befestigt. Im weiteren Verlauf wurden auch die in den Fußboden eingelassenen Grabplatten aufgerichtet, um sie vor der Zerstörung durch den Abrieb der Fußtritte zu schützen.


Andere Gemeindemitglieder wurden außerhalb der Kirche im unmittelbar angrenzenden Terrain (Kirchhof) bestattet. Hier wurden ebenfalls Grabsteine errichtet, die oft an den Kirchenmauern befestigt wurden. Seit dem 18. Jahrhundert setzten sich aufrecht stehende Stelen durch. Im Zeitraum vom 17. zum 19. Jahrhundert wurden Grabsteine in man-chen Regionen mit langen biographischen Inschriften versehen. Sie werden deshalb mitunter als „redende“ oder „sprechende“ Steine bezeichnet.[1][2]

 

[1] Walter Lüden: Redende Steine. Grabsteine auf der Insel Föhr. Hamburg 1984
[2] Wolfgang Runge: Sprechende Steine. Grabstelen im Oldenburger Land von 1600 bis 1800. Oldenburg 1979.


Moderne Stele aus Granit mit kleinen eingearbeiteten Steinen (gesehen bei Mencke Naturstein) Bild: © Butenhoff
Moderne Stele aus Granit mit kleinen eingearbeiteten Steinen (gesehen bei Mencke Naturstein) Bild: © Butenhoff

Gestaltungsvorschriften für Grabsteine
Die heutige Friedhofskultur wird stetig weiterentwickelt und den Gestaltungswünschen der Angehörigen angepasst. Dieses geschieht zum Beispiel durch die Erstellung von Erinnerungsgärten oder Baumgrabfeldern, wo man individuelle Grabliegeplatte oder Denkmale erstellen kann. Durch diese vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten ist eine intensive Beratung der erste Schritt für eine positive Trauerbewältigung.

 

Grundformen der Grabsteine

  • Breitstein (meist Doppelgrabstellen):
    der Stein ist ca. 1,20 m und mehr breit, seine Höhe beginnt ab 1,00 m
  • Reihenstein (meist Einzelgrabstellen):
    der Steins ist ca. 0,80 m, breit und hat eine Höhe ab 0,80 m
  • Stele (meist Einzelgrabstellen) Als Grabstein gibt es aufrecht gestellte Grabsteine,
    die Stele genannt werden. Ihre Formen sind schlank und meist sehr hoch.
  • Urnenstein (für Einzelgrabstellen oder Sammelgräber): die Steinhöhe beträgt meist
    weniger als 0,60 m, er quader- oder urnenförmig
  • Kissenstein oder Liegestein (meist für Einzelgräber): rechteckige bis runde Form, oder ganz freie Form, wie z. B.  Nachbildung eines Buches oder Herzform
    (Größe variabel bei ca. 0,50 x 0,50 m), er ist nur 0,15 bis 0,20 m hoch

Da Grabsteine aus Granit und anderen Gesteinen teuer waren, wurden vielfach Grabmäler oder Kreuze aus Holz verwendet, die jedoch aufgrund der geringeren Haltbarkeit oft vergangen sind. Vielerorts werden in neuerer Zeit Holzkreuze als provisorische Kennzeichnung des Grabes – bis zum Setzen des endgültigen Grabsteins – benutzt. In Süddeutschland und der Alpenregion finden sich häufig Grabkreuze aus Schmiedeeisen, im 19. Jahrhundert waren zeitweise Kreuze aus Gusseisen beliebt. Auf den friesischen Inseln verwendeten die Walfänger Walknochen, insbesondere auf Vlieland sind solche „Grabsteine“ noch erhalten geblieben.
Neben Grabsteinen, die die tatsächliche Ruhestätte eines Verstorbenen markieren findet man seltener auch solche, die lediglich an eine anderswo bestattete Person erinnern. So gibt es auf Familiengrabstätten Inschriften oder gesonderte Tafeln zur Erinnerung an Angehörige, die nicht im Familiengrab beerdigt werden konnten, weil sie z. B. im Krieg gefallen sind und auf einem Soldatenfriedhof bestattet wurden.


Früher wurden alte Grabsteine oft auch für andere Funktionen, wie etwa Treppenstufen wiederverwendet. Die Weiterverwendung zeitgenössischer Grabsteine nach Ablauf der Grabnutzungsrechte ist stark umstritten. Teilweise werden vor einer Weiterverwendung für profane Zwecke die Inschriften unkenntlich gemacht, da es von den Angehörigen der verstorbenen Person meist als pietätlos empfunden wird, wenn sie den wiederverwendeten Grabstein in einem anderen Zusammenhang antreffen. 2017 berichteten Medien über einen solchen Fall, bei dem ein Grabstein mit Inschrift in einem Vergnügungspark als Bestandteil der Dekoration eines „Geisterhauses“ aufgestellt und dort zufällig von Angehörigen entdeckt worden war[3].


Viele Friedhofssatzungen enthalten die Bestimmung, dass nach Ablauf der Ruhefrist die Angehörigen eines Verstorbenen den Grabstein innerhalb einer bestimmten Frist entfernen können. Verzichten sie darauf, geht das Eigentum an dem Grabstein auf die Friedhofsverwaltung über. Diese kann den Stein dann entsorgen oder anderweitig verwenden. Letzteres geschieht wegen der verhältnismäßig hohen Kosten für einen sorgfältigen Abbau jedoch nur selten (siehe unten), Ausnahmen sind künstlerisch oder historisch wertvolle Grabsteine, die dann an anderer Stelle aufgestellt werden.

 

[3] https://www.stern.de/panorama/gesellschaft/bayern--13-jaehrige-entdeckt-im-freizeitpark-den-grabstein-ihres-opas-7782624.html

Quelle: wikipedia.org