Mitten in Lüneburg 24 Hektar Ruhe

Er ist der jüngste und zugleich größte Friedhof in Lüneburg – der Waldfriedhof. Er wurde in den 50er Jahren von visionären Landschaftsarchitekten und Friedhofsplanern erdacht und bis heute nach diesem Grundriss eingerichtet und genutzt.


In Lüneburg gab es weit in die 70er Jahre hinein die klassische Erdbestattung. Doch schon in den 50er Jahren waren der Zentralfriedhof und der Michaelisfriedhof belegt und die Friedhöfe sollten bis zum Jahr 2000 auslaufen. Es mussten also neue Flächen freigegeben werden, um den Bürgern eine letzte Ruhestätte – einen Ort des Abschieds – zu geben. Er sollte gut zu erreichen sein, am besten fußläufig. Für viele gehört der regelmäßige Gang zum Grab eines Lieben zum Alltag.
Lüneburg aber war im Wachstum und brauchte Flächen für neue Häuser. Man entschied sich für das 24 Hektar große Gelände am Deutsch-Evern-Weg.
Im Jahre 1961 wurde hier die erst Bestattung durchgeführt. Keiner wusste genau, wie lange die Flächen ausreichen würden. Hans-Georg Grzenia, der Leiter des Waldfriedhofes, hat vor 20 Jahres eine Bedarfsanalyse erstellt. Sie spiegelte schon damals wider, was wir heute wissen. Das Bestattungsverhalten der Bürger änderte sich. Heute gibt es neben der Erdbestattung im Sarg auch die Urnenbeisetzung, die Friedwälder und die Seebestattung. Dadurch wird wesentlich weniger Fläche verbraucht und die geplante Erweiterungsfläche des Waldfriedhofes wird nicht mehr in Anspruch genommen werden müssen.
Natürlich ist es jedem selbst überlassen, wie und wo man seine Liebsten oder gar selbst, wenn der letzte Lebensatem den Körper verlassen hat, bestatten möchte.
Immer öfter kommt es vor, dass die Menschen sich schon zu Lebzeiten Ihre Beisetzungsform und letzte Ruhestätte aussuchen. Hans-Georg Grzenia kann dies nur empfehlen. Zu Zeiten der Trauer ist man plötzlich mit so vielen Dingen beschäftigt, dass man kaum einen klaren Gedanken fassen kann. Entscheidungen müssen aber getroffen werden, diese sind jedoch endgültig. Sie sollte deshalb in Ruhe und mit Bedacht herbeigeführt werden. Zudem sind viele Formalitäten notwendig, die die Trauer unnötig belasten.

Der Waldfriedhof bietet jede Form der Erdbestattung. Es gibt einfache Reihengräber und Rasenreihengräber, sie werden der Reihe nach vergeben. Wer bei seinen Liebsten ruhen möchte, der kann ein Rasenpartnergrab oder Familiengrab. In den letzten 20 Jahre häuften sich die Urnenbestattungen. Früher, nach der alten Friedhofssatzung, durften die Angehörigen bei einer anonymen Urnenbeisetzung nicht anwesend sein. Das ist zum Glück vorbei. Heute kann man zur Urne auch eine Namensnennung auf dem Obelisk wählen oder sogar einen Grabstein setzen.
Über all die Jahre hat die Friedhofsleitung es geschafft, den angestrebten Heide- und Waldcharakter zu realisieren. Früher wurden alle Gräber mit Heide umrandet. 30 Frauen übernahmen die Grabpflege. Die Heide kam aus der Nähe von Lüneburg. Erst viele Jahre nach der Eröffnung wurden private Gärtner gestattet. Der Charakter aber blieb erhalten, ohne Grabeinfassungen  und mit fließenden Übergängen. Dadurch entstand eine weitläufige, parkähnliche Landschaft.
Der Waldfriedhof ist zu einem landschaftlichen Kulturgut geworden und bietet neben der Trauerbewältigung auch einen Ort der Kommunikation. Hier sind schon neue Partnerschaften entstanden, aus denen die Menschen sich Mut zusprechen und Hoffnung zum Weiterleben schöpfen.

 

 

Sabine Butenhoff