Ein Friedhof (auch Bestattungsplatz oder Begräbnisplatz, veraltet Gottesacker,[1] Kirchhof, Totenhof oder Leichenhof) ist ein Ort, an dem Verstorbene, in den meisten Fällen begleitet von einem religiösen oder weltlichen Ritus, bestattet werden. Anlagen aus vorchristlicher Zeit werden in der Archäologie meist als Gräberfelder oder Nekropolen bezeichnet, der Begriff Friedhof findet dennoch auch für antike Anlagen Verwendung.
Friedhof leitet sich ursprünglich vom althochdeutschen „frithof“ ab, der Bezeichnung für den eingefriedeten Bereich um eine Kirche. Der Bedeutungswandel zu einem „Hof des Friedens“ vollzog sich mit dem Verblassen der etymologischen Wurzel.[2]

Vorchristliche Zeiten
Grab- und Kultstätten sind die ältesten Zeugnisse menschlicher Zivilisation. Bereits in der frühen Steinzeit gingen die Menschen dazu über, ihre Toten im Zusammenhang mit unterschiedlichen Vorstellungen über Weiterleben oder einfacher Ahnenehrung zu bestatten. Vor der Sesshaftwerdung des Menschen entstanden von Familien genutzte gesonderte Familienbegräbnisplätze. Als sesshafte Menschen dauerhaft zusammenlebten, entstanden festgelegte Orte, an denen Bestattungen abgehalten wurden. Aus dem Neolithikum sind beispielsweise die Megalithgräber erhalten.


Es begann in der Steinzeit
Die für die Entwicklung der Menschheit früheste definierte Epoche ist die Steinzeit. Sie erhielt ihren Namen nach den bis heute ältesten als gesichert geltenden Werkzeugen – den Steingeräten. Sie werden auf ca. 2,6 Millionen Jahre geschätzt.
Mit dem Aufkommen der ersten Hochkulturen entwickelte sich das regelgerechte Bestattungswesen. Im alten Ägypten, wo ein ausgesprochener Totenkult herrschte, wurden auf der dem jenseitigen Reich zugeordneten westlichen Seite des Nils die Pyramiden und später das Tal der Könige für Pharaonen und Nekropolen (thebanische Gräber) für die Beamten errichtet.
In Kleinasien und Kreta, später im antiken Griechenland, wurden die Toten an Orten bestattet, die außerhalb des städtischen Lebens angesiedelt waren. Dies konnten Gräberfelder sein oder Felsengräber in künstlichen Höhlen. Oft wurde in der Nähe ein Heiligtum oder ein ganzer Tempelbezirk errichtet, um kultische Handlungen zu Ehren der Toten durchzuführen.
Im Römischen Reich waren die Grabstätten unterschiedlich organisiert und von den räumlichen und lokalen Gegebenheiten abhängig. Insbesondere reiche Bürger ließen sich entlang von Ausfallstraßen begraben, wo sie kunstvoll behauene und reich beschriftete Tafeln, Stelen oder Mausoleen errichten ließen. Die Stadt Rom verfügte mit den Katakomben über eine ausgedehnte, unterirdische Totenstadt, in der die Verstorbenen in Nischen eingemauert wurden.


Kirchhof
Nach der Christianisierung wurde die Bestattung in den geweihten Bereich der Kirchengebäude und den eingefriedeten Kirchhof verlagert. Die auf germanisch-keltischer Tradition beruhenden außerörtlichen Gräberfelder wurden ebenso wie die Feuerbestattung als heidnisch abgelehnt. Mit der Reliquientranslation wurden die Kirchengebäude zu sakralen Räumen. Die Gläubigen waren bestrebt, nach ihrem Tode so nah wie möglich bei den Gebeinen oder Reliquien ihrer Heiligen begraben zu werden. Deren Fürsprache wurde bei der Auferstehung des Fleisches zum Jüngsten Gericht erhofft. In der unmittelbaren Nähe zum Sakralen erschien die Chance auf Erlösung der Verstorbenen am größten zu sein. Eine Bestattung im Altarraum oder in der darunter liegenden Kirchengruft galt als höchstes Privileg und war meist der Familie des Kirchenstifters, dem Kirchherren oder kirchlichen Würdenträgern vorbehalten. Nur die Wohlhabendsten konnten sich ein Begräbnis innerhalb der Kirche leisten. Die soziale Differenzierung setzte sich im Kirchhof fort, um möglichst nahe an der Kirche begraben zu werden. Außerhalb des Dorfetters oder der Stadtmauer fanden Verstorbene ihren Platz in ungeweihter Erde, wenn sie exkommuniziert worden waren, kriminell waren oder einem unehrlichen Stand angehört hatten – beispielsweise Bettler, Gaukler und Schauspieler sowie Selbstmörder wurden nicht auf geweihten Kirchhöfen beigesetzt.
Um 1800 kam die Tendenz auf, die Toten aus hygienischen Gründen entfernt vom Dorfkern zu begraben. Man fürchtete sich vor mephitischen Dünsten, die nachts aus den Gräbern aufsteigen und die Luft verpesten sollten, auch die oft tägliche Öffnung und Schließung von Massengräbern in Seuchenzeiten in den städtischen Zentren brachten erhebliche hygienische

Probleme. Einzelgräber waren eine seltene Ausnahme. Die Bestattung in geweihten Massengräbern war die Regel, nicht zuletzt aus Platzgründen. Infolge der durch das Bevölkerungswachstum verursachten Überbelegung der innerstädtischen Kirchhöfe und bedingt durch die Reformation, die Reliquienverehrung ablehnte, wurden seit dem 16. Jahrhundert (insbesondere in evangelischen Herrschaften) außerörtliche Friedhöfe mit Kirche oder Aussegnungskapelle angelegt. So entstanden außerhalb der Kommunen Kirchenfriedhöfe, etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten neuzeitlichen Zentralfriedhöfe (Stadtrandfriedhöfe), darunter prächtige Campo-Santo-Anlagen.
Die Bezeichnung Kirchhof wird mitunter missverständlich verwendet. Auf deutschen Stadtplänen (besonders des 19. und 20. Jahrhunderts) findet sich oft die Bezeichnung Kirchhof, obwohl keine Kirche vorhanden ist. Es handelt sich um von einer Kirchengemeinde betriebene Friedhöfe in weiterer Entfernung zum eigentlichen Kirchengebäude. „Kirchhof“ wurde synonym für Begräbnisplatz oder Friedhof genutzt. So erklärt sich die sich ausschließende Bezeichnung „Judenkirchhof“.
Siehe auch: Kirchfriedhof


Friedhof
Insbesondere in Zeiten erhöhter Sterblichkeit (infolge von Seuchen, Hungersnöten, Kriegen) gerieten die Kirchhöfe schnell an ihre Kapazitätsgrenze, so dass Umbettungen halbverwester Leichen und die ständige Öffnung der Gräber für anhaltende Geruchsbelästigung und gesundheitliche Gefahren sorgten. Pestfriedhöfe weit außerhalb der Siedlungen sollten zumindest die ärgste Gefahr eindämmen. Die Anlage innerstädtischer Friedhöfe wurde später aufgegeben: Zentrale Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern, die vom Standort einer Kirche unabhängig waren, wurden vereinzelt bereits zur Renaissance, verstärkt ab 1750 und im Verlauf des 19. Jahrhunderts flächendeckend geschaffen. In Preußen war im 2. Teil, 11. Titel durch § 184 des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten von 1794 festgeschrieben worden, dass innerhalb bewohnter Gegenden keine Leichen beerdigt werden durften.
Ein Beleg für den Bedeutungswandel vom Kirchhof zum Friedhof als Ort, wo der Verstorbene seinen Frieden findet, ist die Benennung als „Friedenstraße“ für Straßen zu den Friedhöfen seit den 1870er Jahren. Daneben erfolgten gleichzeitig Benennungen als Friedhofsstraße oder Friedhofsweg.
Im Laufe des Ersten Weltkriegs standen alle kriegführenden Nationen vor der Frage, wie sie mit den Millionen Leichen von gefallenen oder in Lazaretten gestorbenen Soldaten umgehen sollten. In den Kriegen zuvor waren bei weitem nicht so viele Soldaten gestorben (siehe Soldatenfriedhof, Kriegergedenkstätte). Der Transport der Toten in ihre jeweilige Heimat wäre ein großer Aufwand gewesen und hätte die Kriegsmüdigkeit oder die Ablehnung des Krieges zusätzlich verstärkt. Viele Leichen waren schlecht zu transportieren, sie waren unvollständig oder durch Granatsplitter zerrissen. Viele waren erheblich verwest, wenn sie – teils erst Wochen nach ihrem Tod – aus der Kampfzone geborgen werden konnten.
Die weitgehende Säkularisierung der christlich geprägten Gesellschaften, die insbesondere in Europa seit dem 20. Jahrhundert weiter vorangeschritten ist, hat die traditionellen Formen des Trauerns verändert. Mit der Loslösung der Trauerformen von religiösen Gemeinschaften hat sich das Totengedenken zunehmend in den privaten Bereich verlagert. Damit einher ging und geht ein Bedeutungsverlust öffentlicher Grabstätten. Der Anteil anonymer Begräbnisse und preisgünstiger Formen der Bestattung (etwa Feuerbestattungen) hat in der Folge stetig zugenommen.
Mit der Verbreitung des Internets sind eine Vielzahl von virtuellen Friedhöfen entstanden, die vollkommen unabhängig von einem physischen Ort der Totenruhe sind.
Quelle: Wikipedia.org


[1] Günter Bergmann: Kleines sächsisches Wörterbuch. Bibliographisches Institut, Leipzig 1989. Im Gesamtgebiet, außer der Lausitz, aber veraltet: „Hinter der Karch ist der Gottsacker.“ [2] Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. München 1995, S. 376.

 

© soroush-alavi-unsplash.com
© soroush-alavi-unsplash.com