Lüneburg, September 2021
Viele Bezieher von Renten oder Witwenrenten empfinden die Besteuerung ihrer Bezüge als ungerechtfertigt und als Belastung. Einige haben deshalb gegen die Einkommensteuerbescheide Einspruch im
Hinblick auf schwebende Gerichtsverfahren eingelegt. Zu diesen Verfahren gab es am 19.05.2021 nunmehr zwei Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH), in denen grundsätzlich das Besteuerungsverfahren
zumindest für Rentenbezieher mit einem Beginn der Rente bis zum Jahr 2007 bestätigt wurde.
Zum Hintergrund: Das Besteuerungssystem von Alters- und Witwenrenten hat sich seit dem Jahr 2005 durch eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts grundlegend verändert. In dem ursprünglichen
Verfahren wurde die Ungleichbehandlung von Pensionen und Renten moniert. Daraufhin erfolgte die Gesetzesanpassung. Darin sieht man seit 2005 einen ständig weiter ansteigenden Besteuerungsanteil
der erhaltenen Renten vor. Diejenigen, die im Jahr 2005 die Rente bezogen haben, versteuern ihre Rente seitdem mit 50 %. Dieser Prozentsatz bleibt über den gesamten Bezug der Rente bestehen. Mit
Rentenbezug seit dem Jahr 2006 steigt der Besteuerungsanteil kontinuierlich bis zum Jahr 2040 an, in dem dann 100 % der Rentenbezüge der Besteuerung unterliegen. Rentenanpassungsbeträge
werden jedoch nicht mit diesem Besteuerungsanteil, sondern komplett versteuert.
Auf der anderen Seite hat man das System der Abzugsmöglichkeit für die geleisteten Rentenversicherungsbeiträge ebenfalls seit dem Jahr 2005 geändert. Während bis zum Jahr 2004 die Beiträge für
die Krankenversicherung, Rentenversicherung und teilweise weitere Versicherungen nur durch Höchstbeträge nur begrenzt abzugsfähig waren und damit zum größeren Teil aus versteuerten Einnahmen
geleistet wurde, werden nunmehr die geleisteten Rentenversicherungsbeiträge jedes Jahr um 2 % mehr berücksichtigt. Seit dem Jahr 2005 waren 76 % der Beiträge abziehbar, bis hin zum Jahr 2025, in
dem 100 % der Beträge abziehbar sein werden.
In den beiden Verfahren wurde von den Steuerpflichtigen dargelegt, dass die Rentenbezüge höher versteuert werden, als vorab von der Einkommensteuer als Sonderausgabe berücksichtigt werden konnte.
Der Darstellung und Berechnung ist der BFH jedoch nicht gefolgt und beurteilt die Versteuerung als verfassungskonform. Allerdings weist der BFH auch darauf hin, dass aufgrund der künftig
steigenden Besteuerung der Renten, spätere Jahrgänge von einer überhöhten Besteuerung betroffen sein könnten.
Die Berechnungsweise zur Überprüfung einer überhöhten Besteuerung wurde in den obigen Urteilen dabei vorgegeben. Während die Einnahmenbesteuerung relativ gut berechnet werden kann, ist die
Nachweismöglichkeit für den Sonderausgabenabzug äußerst schwer. Hierzu sind die ursprünglichen Steuerbescheide mit der Höhe der abgesetzten Sonderausgaben und die geleisteten tatsächlichen
Rentenversicherungsbeiträge notwendig. Diesen Nachweis werden nur wenige erbringen können.
Möchte man sich die Möglichkeit der Änderung des Einkommensteuerbescheides aufgrund weiterer, nicht abgeschlossener Verfahren offenhalten, ist ein Einspruch gegen den Bescheid einzulegen. Eine
automatische Korrektur der Bescheide findet ansonsten nicht statt.
Text: Kerstin Ostermann, Sterberaterin und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge